Data neugedacht: Die Parallelen zwischen Retail Media und Choice-Driven Advertising

Die gute Performance von Retail Media-Kampagnen steht derzeit im Mittelpunkt der Online-Marketing Branche. Die positiven Ergebnisse entstehen nicht durch ihre bloße Datengetriebenheit sondern sind vielmehr auf die Qualität der eingesetzten Daten zurückzuführen. Retail-Media-Anbieter profitieren von aussagekräftige Daten direkt von den Konsument:innen und in unmittelbarer Nähe zu entscheidenden Touchpoints im Middle und Lower Funnel. 

Die Wirksamkeit von Kampagnen hängt stark von der Qualität der verwendeten Daten ab. Veraltete, ungenaue und unbrauchbare Daten können die Marketingbemühungen erheblich behindern und zu fehlgeleiteten Strategien, verschwendeten Ressourcen und einer geringeren Investitionsrendite führen. Es ist daher an der Zeit, dass wir ein neues, dynamischeres Verständnis aufbauen, wie und wo wir den besten Informationsgehalt aus Daten erhalten.

Marketing war schon immer data-driven, auch wenn wir diesen Anglizismus erst in den vergangenen Jahren in unseren Branchenwortschatz aufgenommen haben. Gemeint ist, dass Marketing-Entscheidungen schon immer basierend auf Erkenntnissen zu den Bedürfnissen und Interessen der jeweiligen Zielgruppen und den gewählten Medien getroffen wurden. 

Die eigentliche Veränderung der letzten Jahre wäre aber besser mit dem Begriff „big-data-driven“ Marketing zu beschreiben. Die technologischen Fortschritte in dieser Zeit ermöglichten es der Branche, immense Datensammlungen über ihre Zielgruppen anzulegen und hinzuzukaufen. Und dass nicht mehr nur auf einer kollektiven Ebene, sondern durch gezieltes Verhaltenstracking im Internet, insbesondere auf individueller Ebene. Das vermeintliche Versprechen: Nun könne jeder Mensch einzeln mit der richtigen Botschaft im Internet adressiert werden.

Getreu dem Motto „viel hilft viel“ strebte die Branche dabei nach immer mehr Daten, ungeachtet der Datenqualität. Datenbanken füllten sich mehr und mehr und nahmen Dimensionen an, die für Kampagnenplanende kaum noch zu handeln waren. Abhilfe sollten nun neue digitalen Helfer in Form von künstlicher Intelligenz schaffen. Die tatsächliche Realität schaut jedoch weitaus ernüchternder aus. Und das hat einen einfachen Grund.

Die Probleme des aktuellen Datenverständnisses

Die Massen an gesammelten Daten sollen nämlich Erkenntnisse über die Bedürfnisse und Interessen von Menschen liefern. Tun sie das aber auch? In der Realität verändern sich unsere Bedürfnisse und Interessen nicht nur von Tag zu Tag, sondern oft auch mehrmals täglich. Viele dieser Veränderungen lassen sich durch Nutzertracking und gesammelte Daten in einer Datenbank nicht widerspiegeln, finden sie oft doch nur in den Köpfen der der Menschen statt. Die vielen gesammelten Daten sind nicht in der Lage, die tatsächlichen und sich ständig wandelnden Verbraucherpräferenzen zum korrekten Zeitpunkt zu erfassen.

Darüber hinaus entsprechen die gesammelten Daten häufig nicht der Wahrheit. Gerade im beruflichen Kontext recherchieren viele Arbeitende nach diversen Themen, um beispielsweise Hintergrundinformationen über ihre Kunden oder Geschäftspartner zu sammeln. Dadurch werden den Nutzer:innen Interessensfelder zugeschrieben, die für sie als Konsument:innen irrelevant sind. Das gleiche Phänomen tritt auch bei Studierenden und Schüler:innen auf, die sich online zu ihren Lern- und Forschungsfeldern informieren.

Hinzu kommt, dass die Internetlandschaft selbst gerade einen starken Wandel durchläuft. Immer mehr Nutzer:innen schützen ihre Privatsphäre im Internet durch die Verwendung von privacy-starken Browsern, Browsererweiterungen und -einstellungen. Gleichermaßen steigt die Consentverweigerung, die grundlegend für die Erlaubnis ist, Nutzer:innen im Internet zu tracken, um ihnen personalisierte Werbung auszuspielen. Nicht zuletzt verlieren Marketers durch das lang hinausgezögerte „Ableben“ der Third-Party-Cookies den Zugriff zu der bisherigen Tracking-Technologie. Die Folge: Ein Großteil der Menschen ist schon heute für programmatisch ausgespielte Werbung unsichtbar.

Von computer-driven Data zu human-driven Data

Wie geht es nun weiter? Wie kann die Zukunft des data-driven Marketing aussehen, wenn die Qualität der Daten bisher zu eher mäßigen Targetinggüten geführt haben? Die Antwort ist simpel, fordert uns als Branche jedoch auf, unser aktuelles Verständnis von Daten als statische Eckpunkte in Datenbanken und Listen neu zu denken. Die wertvollsten Daten liefern die Menschen selbst, insbesondere dann, wenn sie diese freiwillig zur Verfügung stellen. 

Menschen sind die Datenquellen, auf die wir zurückgreifen müssen – und dank der Fortschritte des Internets auch können. Der digitale Raum gibt uns die Möglichkeit in eine direkte Interaktion mit ihnen zu treten und sie dadurch Teil des Werbeausspielungsprozesses werden zu lassen. Statt Vorhersagen und Wahrscheinlichkeiten über Menschen auf der Grundlage veralteter oder qualitativ minderwertiger Daten zu treffen, liefern die Menschen in jeder Sitzung selbst die Informationen, welche Kampagne für sie gerade am relevantesten ist. Ähnlich wie das echte Kaufverhalten als Datenpunkt bei Retail Media funktioniert. Dadurch, dass diese Informationen unmittelbar von den Konsument:innen stammen, sind sie aktueller und individueller, als es Informationen in einer klassischen Datenbank je sein könnten. Werbung richtet sich an Menschen. Die besten Daten, die Werbung zu Grunde liegen, sind demnach dynamisch und human-driven statt statisch und computer-driven.

Um die Effektivität von Marketingmaßnahmen im oberen Funnel zu maximieren, müssen wir der Datenqualität Priorität einräumen. Auf diese Weise können wir die Komplexität von Zielgruppen, verursacht durch die Individualität der Menschen, besser bewältigen und zielgerichtete, wirkungsvolle und ansprechende Kampagnen umsetzen, die die gewünschten Ziele erreichen.