Die große Privacy First-Welle - wird sie auch dich überrollen?
Warum wir an Choice-Driven-Advertising und die Mündigkeit von User:innen glauben
Hohe Wellen an Küsten entstehen durch viele diverse Faktoren: Stärke und Dauer des Windes auf dem Meer, die Oberfläche des offenen Wassers, auf der der Wind ungehindert in die gleiche Richtung blasen kann und der Meeresuntergrund, wenn die Wellen flaches Wasser erreichen.
Auch die Targeting- und Tracking-Veränderungen in der Online-Werbewelt sind wie eine “Privacy-First-Welle", die sich seit 25 Jahren langsam aufbaut und auf viele langfristige Veränderungen zurückzuführen ist:
1. Internationales Datenschutzrecht zum Transfer personenbezogener Daten in EU-Ausland – insbesondere die USA
Das im Jahr 2000 von der Europäischen Kommission beschlossene Safe-Harbor-Abkommen wurde 2015 für ungültig erklärt und das Folgeabkommen von 2016 "EU-US Privacy Shield“ erlitt bereits 2020 das gleiche Schicksal. Grundsätzlich soll den EU-Bürgern beim Transfer ihrer personenbezogenen Daten ein dem EU-Recht vergleichbares Schutzniveau gewährleistet werden. Dazu haben Ursula von der Leyen und Präsident Biden letzte Woche Einigkeit über eine dritte Iteration eines solchen Abkommens verkündet.
2. Nationale/Europäische Datenschutz-Verordnungen und Gesetze
Seit 1995 hat es die Richtlinie 95/46/EG (Datenschutzrichtlinie) zum Schutz der Privatsphäre von natürlichen Personen bei der Verarbeitung von personenbezogenen Daten gegeben, die 2018 durch die DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung) ersetzt wurde. Außerdem gilt seit Ende 2021 das Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz (TTDSG). Mit der DSGVO sollte eigentlich auch die ePrivacy-Verordnung in Kraft treten, aber bis heute haben sich die EU-Staaten noch nicht auf eine finale Version einigen können. Dafür hat das EU Parlament 2022 den “Digital Services Act” und “Digital Markets Act der Kommission” durchgestimmt.
3. Einschränkungen durch Browser- und Mobile-Betriebssystem Hersteller Bereits seit 2019 werden in der neuen Firefox Browser Version Third Party Cookies standardmäßig blockiert. 2020 hat Google angekündigt, ab 2021 im Chrome Browser die Third Party Cookies obsolet zu machen, was Safari im gleichen Jahr direkt umgesetzt hat. Apple erschwert seit 2021 die Identifizierung der mobilen Nutzer für Werbezwecke, was Android nun auch bis 2023 angekündigt hat.
Die Beobachtung, die wir bei den oben skizzierten Punkten machen, und die für die Gründung von Welect vor mehr als 6 Jahren verantwortlich war, lautet:
Es ist nicht mehr zeitgemäß, den Menschen Werbung aufzudrängen. Wir leben in einer Welt, in der wir viel mehr Entscheidungen treffen können, dürfen und müssen. Und das muss sich nicht nur aus Gründen des Datenschutzes in der Online-Werbung widerspiegeln.
Wir leben in einer Choice-Driven-Welt - von der Mobilität bis zur Mediennutzung
Dass es nicht mehr zeitgemäß ist, Werbung aufzudrängen, spiegelt die Realität, in der wir leben, wider. Warum ich glaube, dass wir in einer Choice Driven-Welt leben? Hier ein paar Beispiele:
- Wenn ich mich von A nach B bewegen möchte, habe ich nicht nur die Möglichkeit, zu Fuß, auf dem Fahrrad, im Auto oder mich mit ÖPNVs zu bewegen, sondern einige neue Optionen wie Uber, E-Roller, E-Bikes und diverse moderne Varianten von Fahrgemeinschaften (Carsharing). An fremde Orte reisen bedeutet nicht mehr, sich auf die Hotelempfehlung eines Reisebüros verlassen zu müssen. Da helfen Rezensionen vieler anderer Menschen, sowie Videos und Bilder der lokalen Angebote. Oder man bucht ganz einfach private Unterkünfte auf einer der diversen Plattformen.
- Ähnlich haben sich die Möglichkeiten in der Kommunikation vervielfacht. Neben Brief, Fax oder Telefon gibt es nun auch eine Vielzahl an Video-Call Anbieter, Chat-Dienste und private Nachrichten in den diversen sozialen Medien.
- Einkaufen können wir 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche. Und auch das coole T-Shirt aus Bangkok lässt sich problemlos per Internet bestellen. Man kann Qualität, Preise und vor allem Nachhaltigkeit der Angebote vergleichen und sich von anderen Käufern vorab die Meinung zu den Produkten einholen.
- Unser mediales Nutzungsverhalten hat sich ähnlich stark verändert. Längst haben wir unbegrenzt Zugriff auf Musik und Podcasts aus aller Welt. Filme und Serien schauen wir, wann und wo wir wollen und meistens können wir die Bedingungen auswählen (mit und ohne Werbung, bezahlt, etc.).
Es sind bewusste und unbewusste Entscheidungen, die uns täglich begleiten, viel mehr als noch vor einigen Jahren. Dies sind nur einige Beispiele der Choice-Driven Welt, in der wir leben - wir könnten mit anderen Themen wie z.B. auch Ernährung, Finanzen, Immobilien oder Dating weitermachen. Wir gewöhnen uns seit Jahren daran, online so viel selbst bestimmen zu können, deshalb ist es meiner Meinung nach nicht nachvollziehbar, warum man User:innen beim Ausspielen von Werbung keine Mitbestimmung erlaubt.
Personalisierte Werbung für den User als Allheilmittel? I doubt it!
Was die besondere Wirkung der oben beschriebenen Privacy-First-Welle ausmacht, ist, dass die Online-Werbebranche glaubt, diesen Zustand durch die Auslieferung personalisierter Werbung auszugleichen. Die Voraussetzung dafür nämlich aufzuzeichnen, wo die Menschen surfen, worauf sie klicken, wonach sie suchen und was in ihren E-Mails und Nachrichten steht – steht nicht nur in Widerspruch zu den oben aufgelisteten veränderten Rahmenbedingungen. Es findet sich vor allem auch keine Zustimmung von den Menschen – mindestens wollen sie selbst entscheiden, ob man sie tracked, welche Daten sie an wen weitergeben usw. Gesetzt den Fall, sie verstehen überhaupt, wie z.B. Tracking oder Datenschutz funktioniert. Denn ich wage zu behaupten, dass nicht einmal alle Menschen, die in der Werbebranche aktiv sind, die Komplexität von AdTech-Themen verstehen. Es ist kompliziert, es wird kompliziert gemacht und genau deswegen finde ich die kontinuierliche Weiterentwicklung z.B. des Digital-Services-Act passend und richtig. Wir müssen lernen und leben, dass im Internet keine andere Rechte bestehen als offline.
Die große Welle türmt sich auf und wird bald brechen - sind deine Kampagnen und Online-Werbemaßnahmen bereit dafür?
Beim Surfen großer Wellen gibt es die unangenehme Situation, dass die Welle vor einem bricht und eine große Wand Weißwasser auf einen zurollt und überrennt. Das nennen Surfer „getting caught inside“ – es beschreibt den Zustand, dass der Surfer nicht schnell genug reagiert hat, um rauszupaddeln und die Welle nicht vor sich brechen zu lassen. Und genau an diesem Punkt befinden wir uns gerade in der Branche. Die Privacy-First-Welle rollt seit einigen Jahren auf die gesamte Branche zu - es wird Zeit, aus der Welle zu paddeln! Und genau hier kommen wir ins Spiel!
Mit unserem Choice-Driven-Advertising-Ansatz drängen wir niemandem Werbung auf - wir lassen Menschen die Wahl, für welche Werbung sie sich entscheiden. Verkürzt sagen wir: “Choice is the new targeting”. Dass es wirkt, wissen wir. Dass es zeitgemäß ist, wissen wir. Dass wir Agenturen, Werbetreibenden, Publishern, AdTech-Unternehmen helfen, damit sie die Welle nicht überrollt, wissen WIR - du aber auch?
Wenn du deine nächsten Kampagnen sicher surfen möchtest, sind wir der starke Partner an deiner Seite - meld dich dazu gerne bei mir oder jemand anderem aus unserem Welect-Team.
Wir freuen uns!