Der digitale Einzelverkauf von Zeitschriften und Zeitungen
Mein erster Besuch der VDZ Distribution Summit vom 5. bis 6. September in Hamburg.
Erwartet habe ich einen Dialog darüber, ob die Funktion der Pressegrossisten als Garanten für Pressevielfalt und Informationsfreiheit im digitalen Informationszeitalter gefährdet ist (unter dem Schutz des Artikels 5 Absatz 1 Satz 2 GG Verfassungsrechtlicher Schutz der Presse zu dem auch Verbreitung der Nachricht gehört). Dieser Dialog muss nicht auf die Bedrohung der Funktion als neutraler Absatzmittler reduziert werden. Nachdem nachweislich Plattformen wie Facebook, Twitter, YouTube, etc. jahrelang für Falschinformationen und Propaganda missbraucht wurden, wäre die Distribution Summit ein guter Ort, um Chancen und Gelegenheiten zu besprechen: z.B. über neue digitale Distributionskanäle von Nachrichten oder Vorschläge zum Schutz von Bürgerinnen und Bürgern vor Desinformation.
Ich bin neugierig auf Visionen wie sich der Pressevertrieb im digitalen Wandel verändert bzw. neu erfindet. Mehrmals thematisiert wurde stattdessen, ob das zentrale Mandat der Vereinigung der Pressegrossisten für Verhandlungen mit den Verlagen gegen Kartellrecht verstößt, dass eine Konsolidierung unter den aktuell 49 Pressegroßhändlern erwartet wird und dass Verlage sich im Rahmen der Verbandsaktivitäten nicht immer kooperativ verhalten. Für viele Teilnehmer ist es offenbar relevant, dass in einigen Jahren ein Rückgang der Liefertage an Einzelhändler erwartet wird.
Versperrt sich eine Branche notwendigen Veränderungen?
Nein. Woran mache ich das fest? Die Zeit der kostenlosen Bereitstellung von Inhalten im Internet ist vorbei - so der Tenor der Vortragenden und des Publikums. Im Fokus immer wieder digitale Abo-Modelle: Verlagsübergreifende Abos, Abos bei Content-Aggregatoren und werbefreie Angebote die nur noch auf digitale Abos setzen. Das wirkt ermutigend.
Doch es bleiben Zweifel. Bis auf ein Startup, das Micro-Payment Dienste anbietet, gab es auf der Distribution Summit keine Vorschläge, den Einzelhandel der Zeitschriften und Zeitungen in die digitale Welt zu überführen. Wohlgemerkt sind die Erlöse des Einzelhandels für Verlage bedeutsam.
Wie macht man es den Gelegenheitslesern im Internet einfach, sporadisch auf Premium Content zuzugreifen. Leser leiden nicht nur an einer gewissen Abneigung, für Content zu zahlen. Heutzutage ist der Überdruss, sich überall Anmelden und Registrieren zu müssen fast noch größer. Es kostet Zeit und ein Aufgeben der Anonymität und beides hat für Internetnutzer stark an Bedeutung gewonnen.
Wer kennt es nicht: beim Kiosk oder an der Kasse schnell noch ein Magazin oder die Tageszeitung mitgenommen. Wie transferieren wir dieses Verhalten ins digitale Zeitalter? In dem wir den Nutzer eine Möglichkeit bieten sich nicht überall anmelden und registrieren zu müssen. Nicht überall seine Kreditkartendaten zu hinterlassen.
Und die Inhalte nutzerzentrierter anzubieten
Kann dies ein spannendes Thema der nächste Distribution Summit sein? Unbundling der Zeitungen und Zeitschriften. Wie verpackt man in Zukunft dem digitalen Gelegenheitsleser die Inhalte? Mit Sicherheit nicht als digitale PDFs. Bündelt man Artikel nach Themen bzw. nach Veröffentlichungsdatum? Sind die Anzahl Artikel, Clicks, Wörter oder zugelassene Lesezeit im Internet die richtige Manteleinheit? Was für Chancen eröffnen sich durch neuartige Produkte und Angebote? Ich bin überzeugt, spannende Veränderungen stehen uns weiterhin bevor und bieten viel Gesprächsthemen für die nächste Distribution Summit.